Mary Bell: Die elfjährige Serienmörderin

2. April 2024

Im Laufe der Geschichte sind viele böse, schändliche Gestalten gekommen und gegangen. Von Mördern und Dieben bis hin zu den unaussprechlichen Taten der erfolgreichsten Serienmörder der Geschichte. Wenn man sich jedoch eine solche Figur vorstellt, ist es undenkbar, sich ein Kind vorzustellen. Ein Kind, das gerade einmal elf Jahre alt ist und solche Taten begeht – aber leider gibt es so einen Fall.

Die gespenstischen Chroniken von Mary Flora Bell erzählen eine erschreckende Geschichte. Eine, in der aus Unschuld Böswilligkeit wird. Wie konnte ein so junges und unschuldiges Kind eine so unfassbare Brutalität begehen? Welche verdrehten Kräfte haben sie auf einen solchen Weg gebracht?

Der Fall von Mary Flora Bell, der elfjährigen Serienmörderin, ist ein Rätsel, das sich einfachen Antworten entzieht. Es ist ein beunruhigender Bericht. Er lädt uns dazu ein, in die dunklen Tiefen ihrer Geschichte einzutauchen und die Komplexität der menschlichen Natur zu ergründen.

Bells schwierige Erziehung

Mary Bells frühes Leben war von einer turbulenten und verstörenden Erziehung geprägt. Als Tochter einer jungen, psychisch labilen Mutter namens Betty kam Mary unter schwierigen Umständen auf die Welt. Ihre Mutter arbeitete als Prostituierte und verließ oft die Familie. Sie ließ Mary auf sich allein gestellt zurück, ohne den Komfort eines stabilen Familienlebens. Aus den Familienberichten geht auch hervor, wie schrecklich Betty Mary in ihren ersten Lebensjahren behandelt hat.

Beunruhigende Anschuldigungen besagen, dass Betty mehrfach versucht hat, Marys Leben zu beenden. Sie hat diese Versuche als Unfälle getarnt. Mary wurde von ihrer Mutter wiederholt sexuell missbraucht. Das Trauma begann bereits im Alter von fünf Jahren. Mary wuchs in dem ärmeren Viertel Scotswood in Newcastle auf. Sie war einem rauen Umfeld ausgesetzt, das von häuslicher Gewalt und kriminellem Verhalten geprägt war. Dadurch wurden ihre Aggressionen gegenüber anderen Kindern sowie Vandalismus und Diebstahl nur noch normaler.

Sie zeigte störendes Verhalten und erlangte den Ruf, Aufmerksamkeit zu suchen. Das machte es leichter, ihre beunruhigende Aussage “Ich bin eine Mörderin” als eine weitere ihrer müßigen Prahlereien abzutun – leider war es keine leere Behauptung.

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Der erste Mord

Am 25. Mai 1968, nur einen Tag vor ihrem elften Geburtstag, beging Mary Bell ihren ersten Mord.

Doch Bell zeigte schon früher einen Hang zur Gewalt. Einige Wochen zuvor, am 11. Mai, spielten Mary und ihre Freundin Norma Joyce Bell mit einem dreijährigen Jungen aus der Gegend. Angeblich stürzte der Junge und erlitt schwere Verletzungen. Der Vorfall wurde als Unfall eingestuft, und beide Mädchen kamen mit einer Strafe davon.

Am nächsten Tag, dem 12. Mai, informierten die Mütter von drei jungen Mädchen die Polizei, dass Mary ihre Kinder angegriffen und gewürgt hatte. Mary wurde schnell von den Behörden befragt und belehrt. Es wurde jedoch keine Jugendstrafe verhängt. Weniger als zwei Wochen später sollte Mary Bell zur Mörderin werden. Nach den später gesammelten Beweisen erwürgte sie den vierjährigen Martin Brown brutal in einem heruntergekommenen Haus in Scotswood, nicht weit von ihrem Haus in Newcastle entfernt.

Die Behörden glaubten, dass sie dieses Verbrechen allein begangen hatte. Der Mord an Martin Brown war besonders brutal und grausam. Marys Verhalten vor und nach dem Mord war rätselhaft und verstörend. Danach brachen Mary und Norma in eine Gärtnerei in Scotswood ein und verwüsteten sie. Sie hinterließen Notizen, in denen sie sich für den Mord verantwortlich erklärten. Marys Hang zur Gewalt endete jedoch nicht mit dem Mord an dem armen Martin.

Der zweite Mord

Mary Bells zweiter Mord geschah zwei Monate nach ihrem ersten. Und er schockierte und entsetzte die Gemeinde noch mehr.

Am 31. Juli verschwand der dreijährige Brian Howe von einem leeren Grundstück in der Nähe seines Hauses. Als die Polizei das Gelände durchsuchte, fand sie seinen leblosen Körper zwischen den Betonblöcken. Der kleine Junge war erwürgt worden. Seine Beine und sein Bauch wurden mit einem Rasiermesser und einer Schere verstümmelt, die am Tatort gefunden wurden.

Beunruhigenderweise wurde in den Polizeiberichten festgestellt, dass ein “N” in seinen Bauch geritzt wurde. Dieses wurde dann aber von jemand anderem in ein “M” geändert. Die bei dem Mord angewandte Gewalt deutete darauf hin, dass der Täter wahrscheinlich ein Kind war. Also begann die Polizei, gegen Kinder aus der Umgebung zu ermitteln.

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Mary Flora Bell im Alter von 16 Jahren
Mary Flora Bell im Alter von 16 Jahren

Sie fanden heraus, dass Mary und ihre Freundin Norma Bell widersprüchliche Angaben über ihren Aufenthaltsort zur Zeit des Mordes machten. Letztendlich wurden beide Mädchen in den Mord verwickelt, den sie gemeinsam begangen hatten. Auch in diesem Fall wurde der Mord durch Strangulation begangen. Diese öffentlichkeitswirksamen Verbrechen, die verstörenden Details und Marys Alter machten diesen Fall zu einem der berüchtigtsten in der Geschichte Englands. Viele Menschen fragten sich, was ein Kind dazu bringen könnte, solch grausame und abscheuliche Taten zu begehen.

Angeklagt und verurteilt

Nach dem grausamen Fund von Martin Browns leblosem Körper gab es keine sichtbaren Anzeichen für ein Verbrechen. Das ließ die Ermittler ratlos zurück und sie hatten einen offenen Fall vor sich. Die Wahrheit sollte jedoch bald ans Licht kommen. Die Ermittler begannen, den Zusammenhang zwischen Martins tragischem Schicksal und dem Mord an Brian Howe herzustellen.

Die beiden Mädchen, die im Mittelpunkt der Ermittlungen standen, Mary Bell und Norma Bell, wurden schließlich in zwei Fällen wegen Totschlags angeklagt. Das Gerichtsverfahren nahm jedoch am 17. Dezember 1968 eine dramatische Wendung. Norma Bell kam frei, nachdem sie freigesprochen wurde. Doch Mary Bell ereilte ein anderes Schicksal.

Die Geschworenen ließen sich von den Einschätzungen der Psychiater leiten. Sie stellten fest, dass Mary “klassische Symptome von Psychopathie” aufwies. Die Geschworenen verurteilten Mary schließlich wegen Totschlags. Der vorsitzende Richter beschrieb sie als eine gefährliche Person. Sie betonten die große Gefahr, die sie für andere Kinder darstellte.

Infolgedessen wurde Mary zu einer unbefristeten Haftstrafe verurteilt. Sie begann ihre Haft in der Red Bank Sicherheitseinheit in St. Helens, Lancashire.

Der unersättliche Appetit der Medien auf Marys Geschichte verschlang die öffentliche Aufmerksamkeit nach ihrer Verurteilung. Die britische Presse verfolgte eifrig ihre Erzählung. Selbst ihre Mutter Betty schlug schamlos Kapital aus der Tragödie. Sie verkaufte Geschichten an die Presse und versorgte die Reporter mit Schriften, die sie als die von Mary ausgab.

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Mary schaffte es im September 1977 erneut in die Schlagzeilen, als sie kurz aus dem Gefängnis ausbrach. Aber schon wenige Tage später wurde sie gefasst.

Mary Bells Leben nach dem Gefängnis

Nach langen zwölf Jahren wurde Mary Flora Bell endlich aus dem Gefängnis entlassen. Jetzt war sie 23 Jahre alt und begann ein neues Leben in der Anonymität und mit einer neuen Identität.

Am 25. Mai 1984 brachte sie sogar eine Tochter zur Welt. Doch schließlich enthüllten Reporter ihren Aufenthaltsort. Das Duo musste aus seinem Haus fliehen. In einem bedeutenden juristischen Sieg am 21. Mai 2003 sicherte sich Bell durch ein Urteil des Obersten Gerichtshofs lebenslange Anonymität für sich und ihre Tochter. In der Folge wurden gerichtliche Anordnungen, die die Identität einer Person dauerhaft schützen, als “Mary Bell-Anordnungen” bekannt. Im Jahr 2009 wurde bekannt, dass Bell Großmutter geworden war. Damit schloss sie ein weiteres Kapitel in ihrem verdrehten, faszinierenden Leben ab.

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